Chirurgische Praxis Dr. Welk und Dr. Bultmann

Infektionen der Hand

Definition

Infektionen sind Entzündungen, die an der Hand meist bakteriell bedingt sind. Aufgrund der besonderen Anatomie der Hand, durch die die Beugeseite der Finger und die Hohlhand mit einem besonders festen Bindegewebe verstärkt sind, führen Infektionen mitunter zu einem besonderen Verlauf.

Entstehung

Die hauptsächlich verursachenden Keime sind Staphylokokken, Streptokokken und Kolibakterien. Ausgangspunkt sind oft banale, teilweise unbemerkte Verletzungen, wie kleine oder oberflächliche Schnitt-, Stich- oder Schürfwunden, die in ihrer Tragweite leicht unterschätzt werden. Oft geraten die Keime auch einfach durch die leicht eingerissene Nagelhaut ins Innere.

Symptomatik

Es entsteht plötzlich über Nacht oder auch langsam über Tage eine schmerzhafte, gerötete, überwärmte, teilweise pulsierende Stelle an einem Ort an der Hand, sei dies am Nagelwall, an der Fingerkuppe, in der Hohlhand oder an einem Ort einer Verletzung. Hierdurch kann eine erheblich eingeschränkte Funktion resultieren. Neben den beschriebenen lokalen Zeichen finden sich bei phlegmonösen Entzündungen oft auch allgemeine Entzündungszeichen wie Fieber, Schüttelfrost und Abgeschlagenheit.


Es gibt verschiedene Formen der Infektion an der Hand:


Panaritium:

Darunter versteht man eine eitrige Entzündung der Fingerkuppe mit Einschmelzung des betroffenen Gewebes.

Je nach Lokalisation der Entzündung unterscheidet man verschiedene Formen, welche auch unterschiedliche Symptome verursachen. Bei einem Panaritium cutaneum (P. der Haut) findet sich eine eitrige blasenförmige Abhebung der Haut, bei einem P. subcutaneum (P. der Unterhaut) eine eitrige Einschmelzung des Unterhautgewebes. Steht das Panaritium subcutaneum mit der Haut in Verbindung, entsteht eine sanduhrförmige Gewebeeinschmelzung mit zwei Höhlen und man spricht von einem Kragenknopfpanaritium. Ein P. articulare (Gelenk-P.) entsteht bei Fortleitung der Entzündung in ein Gelenk. Diese verursacht eine schmerzhafte Gelenkschwellung mit Hautrötung, das betroffene Gelenk ist zug-, stauchungs- und bewegungsschmerzhaft. Von einem P. tendinosum spricht man bei Befall der Beugesehnen u. –sehnenscheiden. Bei Beteiligung des Nagelbetts bzw. des gesamten Nagelwalls spricht man von einem P. subunguale bzw. periunguale. Man bezeichnet diese Form der Entzündung auch als Paronychie. Von einem P. periostale bzw. P. ossale spricht man bei Beteiligung der Knochenhaut bzw. des Knochens selbst.


Abszess:

Ein Abszess ist eine eitrige Einschmelzung von Gewebe an allen anderen Stellen als der Fingerkuppe und im Gegensatz zur Phlegmone örtlich begrenzt.


Phlegmone:

Darunter versteht man eine diffuse, flächenhaft fortschreitende Entzündung mit wässriger Aufquellung der Umgebung, die sich an der Hand entlang vorgegebener anatomischer Strukturen ausbreitet. Eine phlegmonöse Entzündung kann sich zwischen der Haut und der fächerförmigen Bindegewebsplatte der Hohlhand (Palmaraponeurose), zwischen der Palmaraponeurose und den Beugesehnen oder aber zwischen den Beugesehnen und den Handbinnenmuskeln, also in unterschiedlicher Tiefe der Hohlhand abspielen. Des weiteren können der Daumen- oder Kleinfingerballen und die Räume zwischen den Fingern betroffen sein.

Von einer V-Phlegmone spricht man bei Übergreifen einer Beugesehnenscheidenphlegmone des Daumens oder Kleinfingers auf die jeweils andere Seite. Die phlegmonöse Entzündung um die Daumenbeugesehne führt häufig zu einer akuten Druckschädigung des Mittelnerven im Handwurzelkanal. Heftige Nervenschmerzen sind die Folge.

Auch am Handrücken und über den Strecksehnen der Finger kann sich eine phlegmonöse Entzündung ausbreiten.

Bei allen Entzündungen an der Hand droht eine fortschreitende Eiterung in benachbarte Gewebeschichten, ein Übergreifen auf Sehnen, Gelenke und Knochen sowie ein Einbruch in die Hohlhand- und Unterarmräume. Im schlimmsten Fall kann es über die Lymphbahnen zu einer Keimverteilung in die Blutbahn und damit zu einer sog. Blutvergiftung mit lebensbedrohlichem Verlauf kommen.

Diagnostik

Da die oben beschriebene Symptomatik meist eindeutig ist, genügt in der Regel der Blick und die klinische Untersuchung eines erfahrenen Arztes, um eine korrekte Diagnose zu stellen. Durch Röntgenbilder kann eine Beteiligung des Knochens ausgeschlossen werden.

Behandlung

Wie bei jeder eitrigen Entzündung muss der Eiterherd in Betäubung frühzeitig und ausreichend eröffnet und entleert werden. Abgestorbenes Gewebe muss entfernt werden. Evtl. wird eine Tamponade oder Lasche eingelegt und die Wunde offen gelassen, um einen weiteren Abfluss zu ermöglichen. Bei größeren Infektionen der Hand muss evtl. eine Klinikeinweisung erfolgen. Anschließend erfolgt ein steriler Verband und eine Ruhigstellung des Fingers oder der Hand auf einer Schiene. Regelmäßige Verbandswechsel bis zum Abklingen der Infektion sind dann erforderlich. Durch die Ruhigstellung und Infektion kann eine Bewegungseinschränkung resultieren, so dass dann Krankengymnastik oder Ergotherapie erfolgen muss.

Ergebnisse

Durch eine frühzeitige, adäquate und konsequente Behandlung können schwere Infektionen an der Hand folgenlos ausheilen. Gelegentlich notwendige Zweiteingriffe, wie z.B. die Lösung von Sehnen, die als Folge der Entzündung in der Sehnenscheide oder mit der Umgebung verklebt sind, können in der Regel Dauerschäden vermeiden oder zumindest verringern.

Komplikationsmöglichkeiten

Durch verzögerte Vorstellung, und sei es auch nur ein Tag, kann sich der Infekt bereits wesentlich weiter ausbreiten. Geht der Infekt auf Knochen oder Sehnen über, so können diese Strukturen zerstört werden. Folgezustände mit eingeschränkter Beweglichkeit nach einer schweren Infektion sind möglich. Bei Infektionen direkt am Nagel kann es später zu Nagelwachstumsstörungen kommen.

Texte, Bilder und Design © 2017 E. Welk / C. Bultmann - Web layout jmbnet.de