Chirurgische Praxis Dr. Welk und Dr. Bultmann

Schnellender Finger

(Tendovaginosis stenosans)

Definition

Die Bewegung der Finger erfolgt durch Unterarmmuskeln, die über kräftige Sehnen an den Fingern ansetzen. Diese Sehnen verlaufen im körperfernen Anteil der Hohlhand und an den Fingern sowie am Daumen durch enge Gleitkanäle, bestehend aus Knochen auf der einen und einem Ringbandsystem auf der anderen Seite, um bei der Finger- und Daumenbeugung ein Abheben der Sehnen vom Knochen und somit einen Kraftverlust zu vermeiden. Kommt es nun zu einer Einengung der Sehnenscheide und/oder zu einer Verdickung der Sehnen, können die Sehnen nicht mehr frei gleiten. Der verdickte Sehnenanteil bleibt vor der Engstelle der Sehnenscheide hängen und rutscht dann mit einem oft schmerzhaften Schnappen durch die Engstelle, was der Krankheit ihren Namen gibt. Meistens entspricht die Engstelle der Sehnenscheide dem Ringband über dem Finger- bzw. Daumengrundgelenk, also dem sogenannten A1-Ringband.

Auch auf der Streckseite des Handgelenks können Einengungen der Strecksehnenfächer auftreten, am meisten ist hiervon das erste Strecksehnenfach mit den Strecksehnen des Daumens betroffen. Dies führt zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung des Daumens (siehe Sonderfall unten: Tendovaginosis stenosans de Quervain).

Entstehung

Ursachen sind wiederholte Überlastungen durch körperlich ungewohnte Tätigkeiten, die zu einer chronischen Sehnenscheidenentzündung führen, aber auch chronische entzündliche Erkrankungen wie z.B. Rheuma, Gicht oder andere Erkrankungen, wie z.B. Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), die mit einer Vermehrung des Beugesehnengleitgewebes einhergehen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, von den Fingern am häufigsten betroffen sind Daumen, Mittel- und Ringfinger. Auch mehrere Finger können gleichzeitig oder in Folge betroffen sein. Die Erkrankung kann auch bereits bei einem Neugeborenen und Kleinkind auftreten und wird dann als Pollex flexus congenitus bezeichnet.

Symptomatik

Die ersten Zeichen sind oft nur unspezifische Schmerzen und Schwellung der Fingergrundgelenke im Bereich der Handinnenfläche und des Handrückens. Manchmal besteht zusätzlich eine Morgensteifigkeit oder ein Spannungsgefühl. Erst im fortgeschrittenen Stadium kommt es zum typischen Schnappen mit bewegungsabhängigen Schmerzen. Im Extremfall kann es zu einer ständigen Blockierung des Fingers in Beugestellung kommen (siehe Bild). Ist der Daumen betroffen, wird das Schnappen häufig im Bereich des Daumenendgelenkes wahrgenommen.


Diagnostik

Die Diagnose lässt sich in der Regel anhand des typischen Beschwerdebildes mit Schnappen eines Fingers und des Untersuchungsbefundes ohne apparative Maßnahmen wie Röntgen oder eine Kernspinuntersuchung stellen. Druck auf das A1-Ringband löst bei den meisten Patienten Schmerzen aus. In frühen Stadien kann man beim Durchbewegen des Fingers ein Sehnenreiben am A1-Ringband sowie oft eine Verdickung der Beugesehne (Sehnenknoten) tasten. Im fortgeschrittenem Stadium lässt sich das typische Schnappen auslösen. Bei Kleinkindern fällt den Eltern auf, dass das Daumenendglied nicht aktiv gestreckt wird, sondern sich in einer permanenten Beugestellung befindet.

Behandlung

Wenn durch eigene Maßnahmen wie entzündungshemmende Salbenverbände, Schonung und Beübung des Fingers keine Besserung eintritt, kommt als nächstes eine Cortison-Injektion in Betracht, die in 50% der Fälle im Anfangsstadium zum Erfolg führen kann. Bei eindeutigem Schnappen eines Fingers raten wir zur baldigen Operation, da sonst langwierige Bewegungseinschränkungen zurückbleiben könnten. Der Eingriff erfolgt ambulant in örtlicher Betäubung. Über einen Hautschnitt wird das A1-Ringband in Längsrichtung durchtrennt. Manchmal müssen die verdickten Sehnenscheidenanteile entfernt werden. Danach ist das Schnappen sofort beseitigt.

Um Verklebungen oder Verwachsungen der Beugesehnen zu vermeiden, sollte nach der Operation baldmöglichst mit intensivem Üben des Fingers begonnen werden. Dies kann in Eigenregie erfolgen, wobei Sie besonders auf eine volle Streckfähigkeit des Mittelgelenkes achten sollten. Bei Schwierigkeiten, z.B. bei Einschränkung der Fingerbeweglichkeit, ist eine krankengymnastische Übungsbehandlung erforderlich.

Ergebnisse

Normalerweise ist das Schnappen der Fingers sofort nach der Operation beseitigt.

Komplikationen

Komplikationen des Eingriffes sind insgesamt selten, prinzipiell sind Wundheilungsstörungen oder auch besonders am Daumen Gefühlsstörungen des Fingers durch die Operationen möglich. Im eigenen Patientengut der letzten sieben Jahre wurden keine solchen Ereignisse beobachtet. Auch verbleibende endgradige Bewegungseinschränkungen des Fingers durch zu wenig Üben sind möglich.


Tendovaginosis stenosans de Quervain

Einen Sonderfall stellt die Tendovaginitis de Quervain dar. Es handelt sich um ein Engpass-Syndrom in Höhe des ersten Strecksehnenfaches. Dieses liegt über der Speichenspitze. Es finden sich daher typische Schwellungen und massive Schmerzen in diesem Bereich. Auch hier sind meist Frauen mittleren Alters betroffen.

Therapeutisch kommen Cortisoninjektionen in Betracht, außerdem kann die kurzfristige Schienenruhigstellung zusammen mit medikamentöser Behandlung eine Besserung bewirken. Bei anhaltenden Schmerzen sollte baldmöglichst die Operation durchgeführt werden. Hierbei wird das erste Strecksehnenfach vollständig gespalten; oftmals findet sich hierbei eine angeborene Doppelbildung die unbedingt beseitigt werden muss. An Komplikationen werden auch hier Nervenschäden und Infektionen beschrieben, die im eigenen Patientengut der letzten Jahre nicht aufgetreten sind.


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