Chirurgische Praxis Dr. Welk und Dr. Bultmann

Hallux valgus

Definition

Der Hallux valgus ist die Achsabweichung der Großzehe im Grundgelenk zum Fußaußenrand hin. Er ist eine der häufigsten Fußdeformitäten überhaupt. Die Fehlstellung beginnt oft schon im Mittelfußbereich, wo eine Abweichung des ersten Mittelfußknochens Richtung Fußinnenrand vorliegt, der sog. Metatarsus primus varus. Manchmal beginnt die Fehlstellung schon im Rückfußbereich. Befindet sich die Valgus-Deformität im Endgelenk der Großzehe so nennt man dies Hallux valgus interphalangeus. Die viel, viel seltenere Abweichung der Großzehe im Grundgelenk zum Fußinnenrand hin wird als Hallux varus bezeichnet.

Entstehung

Familiär gehäufte Ursachen wie der Spreizfuß mit einer Vergrößerung des Winkels zwischen 1. und 2. Mittelfußknochen wie auch erworbene Ursachen, z.B. das Tragen falschen Schuhwerks mit vorn zulaufenden Spitzen und hohen Absätzen spielen bei der Entstehung eine Rolle. Schuhe an sich können schon einen Hallux valgus verursachen – nur Barfüßler haben keinen Hallux valgus. In Einzelfällen können auch schon Jugendliche einen angeborenen Hallux valgus haben. Bei einem Spreizfuß beginnt die Fehlstellung oft schon im Mittelfußbereich, bei einem Knick-Senkfuß im Rückfußbereich.

Symptomatik

Anfangs fällt eine leichte Schiefstellung der Großzehe auf, der erste Mittelfußknochenkopf erscheint verdickt. Durch die Schiefstellung laufen sowohl Beuge- als auch Strecksehnen der Großzehe nicht mehr in ihrer ursprünglichen Bahn und es kommt zu einem Fortschreiten der Fehlstellung. Auf der Innenseite des Grundgelenkes entwickelt sich durch den Druck im Schuh eine schmerzhafte Weichteilschwellung, die als Pseudoexostose bezeichnet wird. Das gestörte Abrollverhalten führt zu Schmerzen im Großzehengrundgelenk, häufig auch durch Überlastung des 2. und 3. Mittelfußköpfchens zu schmerzhaften Schwielen im mittleren Vorfußbereich. Später kann es durch die Fehlstellung im Grundgelenk auch zu einem vorzeitigen Verschleiß (Arthrose) kommen. Schreitet dieser Verschleiß fort, kann das Gelenk einsteifen, es entsteht ein „Hallux rigidus“. Oft kommt es zusätzlich zu einem Platzproblem der 2. Zehe, so dass diese entweder unter oder über den großen Zeh wandert (Digitus subductus oder superductus), was seinerseits Probleme im Schuh macht. Der Hallux valgus ist oft kombiniert mit Hammer- oder Krallenzehen.



Diagnostik

Einen Hallux valgus erkennt man schon durch Ansicht des Fußes. Es muss aber festgestellt werden, ab wo genau die Fehlstellung am Fuß beginnt (Vor-, Mittel- oder Rückfuß) und welches Ausmaß die Fehlstellung hat. Hierzu werden einige klinische Tests im Stehen und Gehen durchgeführt und Röntgenaufnahmen des Fußes in 2 Ebenen unter Belastung angefertigt. Auf diesen Röntgenaufnahmen können dann die Winkel der Fehlstellung genau ausgemessen werden.

Behandlung

Die konservative Therapie ist bei geringen Fehlstellungen angezeigt, hier kommen Einlagen mit Abstützungen hinter den Mittelfußköpfchen, beim Jugendlichen oder nicht so ausgeprägtem Befund auch so genannte Nachtlagerungsschienen in Betracht, die den Zeh in der korrekten Stellung halten.

Operation

Die Operation wird in Regionalanästhesie (Fußblock) oder Larynxmaskennarkose durchgeführt. Das operative Vorgehen muss individuell in Abhängigkeit von der Ausprägung der Fehlstellung, der Stellung der Gelenkflächen zueinander und dem Vorhandensein einer Arthrose des Gelenkes festgelegt werden. Im Anfangsstadium können kleinere Eingriffe an der Gelenkkapsel mit Lockerung/Raffung und Entfernung des vorstehenden Knochenüberschusses reichen. Ist der Hallux valgus weiter fortgeschritten, müssen Umstellungen am Knochen erfolgen. Hierzu wird in aller Regel der erste Mittelfußknochen durchtrennt, in seiner Stellung korrigiert und in korrigierter Position mit Schrauben oder einer Platte neu fixiert. Hierzu stehen eine Vielzahl unterschiedlicher Operationsmethoden zur Verfügung, aus denen in einem individuellen Gespräch die günstigste für Sie ausgewählt werden wird. Evtl. kommt auch eine Kombination unterschiedlicher Methoden in Betracht. Beispielhaft seien hier nur einige genannt:

  • Akin-Osteotomie: aus dem Grundglied der Zehe wird auf der Innenseite ein Keil herausgenommen und der Knochen mit einer Schraube wieder fixiert. Diese Methode wird oft nicht allein angewandt sondern in Kombination mit den unten genannten.

  • Chevron-Osteotomie: Diese bietet sich bei den am häufigsten vorkommemden mittelgradigen Fehlstellungen ohne Arthrose an. Der Kopf des 1.Mittelfußknochens wird V-förmig durchtrennt, zum Fußaußenrand hin versetzt und in der korrigierten Position mit einer Schraube wieder befestigt. Das auf der Innenseite überstehende Knochengewebe wird entfernt. Die Gelenkkapsel wird auf der Innenseite gerafft, so dass die Großzehe achsgerecht eingestellt werden kann.

  • Scarf-Osteotomie: Der Schaft des 1. Mittelfußknochens wird z-förmig durchtrennt, umgestellt und mit 2 Schrauben wieder fixiert. Auch hier wird der Knochenüberstand abgetragen und die Innenseite der Gelenkkapsel gerafft.

  • Open-Wedge Osteotomie: Der 1. Mittelfußknochen wird quer von der Innenseite eröffnet, aufgeklappt und mit einer Platte in der neuen Stellung fixiert.

  • Closed-Wedge Osteotomie: Aus dem 1. Mittelfußknochen wird ein Keil auf der Außenseite herausgenommen und der Knochen mit einer Platte wieder fixiert.

  • Lapidus-Arthrodese: Das Gelenk zwischen dem 1. Mittelfußknochen und der Fußwurzel wird so versteift, dass der Mittelfußknochen korrigiert steht. Das Ganze wird mit einer sehr starken Metallplatte und Schrauben fixiert.

Nach der Operation wird der Vorfuß durch einen speziellen Schuh entlastet, so dass die Vollbelastung möglich ist. Das Abrollen ist in Abhängigkeit vom Röntgenbefund ab der 4.-6. Woche nach der Operation möglich. Die gesamte Heilungsdauer liegt bei 6-12 Wochen.

Ergebnisse

Durch o.g. Operationen oder eine Kombination davon lässt sich der Hallux valgus erfolgreich korrigieren.

Komplikationsmöglichkeiten

Komplikationen wie Wundinfektionen, Nachblutungen oder Gefühlsstörungen sind selten. Der operierte Fuß kann bis zu 6 Monate nach der Operation geschwollen sein. Da es sich um eine Knochenkorrektur handelt besteht ein geringes Risiko einer ausbleibenden knöchernen Heilung (Pseudarthrose), in diesem Fall müsste nochmal operiert werden. Sehr selten können sich die eingebrachten Schrauben lockern. Bei Fußoperationen besteht außerdem das Risiko einer Thrombose und eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms, was extrem selten auftritt. Da es sich beim Hallux valgus grundsätzlich um eine Bänderschwäche handelt, kann die Großzehe im Laufe der Jahre, vor allem, wenn früh operiert worden ist, wieder nach außen entwickeln.

Texte, Bilder und Design © 2017 E. Welk / C. Bultmann - Web layout jmbnet.de